Donald Duck als Sonntagsjäger

Deutscher Kinostart: 28.6.1968 (MGM)
Laufzeit: 74 Minuten

Die Zusammenstellung ist durch das FSK-Blatt in Verbindung mit Infos von Jim Hawkins lückenlos nachgewiesen.

- Hooked Bear (1956)
- Rugged Bear (1953)
- Winter Storage (1949)
- Tea for Two Hundred (1948)
- Bee at the Beach (1950)
- Donald's Vacation (1940)
- Hook, Lion and Sinker (1950)
- Lion Around (1950)
- Grand Canyonscope (1954)
- Beezy Bear (1955)
- Bearly Asleep (1955)


(alternatives Kinoplakat)

(Werberatschlag)

(Illustrierte Film-Bühne Nr. 7893)

(Neues Film-Programm Nr. 5041)

Das Forschen nach einem Original, parallelen VÖs anderer Länder und sicheren Quellen

1968 übernahm Metro-Goldwyn-Mayer den Vertrieb der Disney-Filme in Deutschland. Der Sonntagsjäger war dann auch der erste Film, um den sich die Firma zu kümmern hatte. Nach Käpt'n Blackbeards Spukkaschemme im August und Vierzig Draufgänger im November erfolgte mit der deutschen Premiere vom Dschungelbuch im Dezember 1968 die Distribution des ersten Trickfilmmeisterwerks. MGMs Hauptzentrale befand sich in Frankfurt, Schäfergasse 10. In der Stadt unterhielt man sich sogar ein eigenes MGM-Kino.

Unter dem Vertriebstitel German Shorts Program 68 (lt. FSK: Shortprogram 68) wurde Donald Duck in Deutschland zum dritten Mal ins Rennen geschickt. Obwohl Micky Maus auf allen Werbeprodukten deutlich in seiner Rolle aus R'Coon Dawg zu sehen ist, war dieser Cartoon nicht im Film enthalten. Einen Fehler kann man auch in der Illustrierten Film-Bühne entdecken. Alle dort gelisteten Cartoons sind auch bildlich dargestellt worden ... bis auf Hooked Bear und Bee at the Beach. Statt dessen sieht man einen Schnappschuss aus Mickys The Simple Things. Dass gerade in dieser Zusammenstellung nun ausgerechnet No Hunting fehlt, verwundert mich zutiefst, kommt der Cartoon doch am dichtesten an die Kern-Thematik heran. Dass er bereits in Donald geht Nach Wildwest '65 zu sehen gewesen war, sollte damals bei der Auswahl grundsätzlich kein Hindernis gewesen sein. Wenn überhaupt, dann vermute ich dahinter eine andere Geschichte, aber dazu gleich mehr.

Die Cartoons wurden ohne Titel und Endkarte gezeigt und an einigen Stellen, manchmal gar nicht so ungeschickt, zusammengeschnitten, um harte Übergänge zu vermeiden. Dazu jedoch ebenfalls gleich mehr im Detail. Da sich auch das entsprechende FSK-Blatt teilweise über die deutschen Cartoontitel ausschweigt, liegt mir hier keine komplette Liste aller deutschen Titel vor. Die Illustrierte Film-Bühne zum Film beinhaltet lediglich die Originaltitel; die Broschüre Neues Film-Programm Nr. 5041 liegt mir nicht vor:

- Auf krummen Wegen *          - Hooked Bear
- n.n.                         - Rugged Bear
- Eichhörnchen auf Hamstertour - Winter Storage
- Abenteuer im Urwald          - Tea for Two Hundred
- Die Biene am Strand          - Bee at the Beach
- n.n.                         - Donald's Vacation
- Der Löwe als Angler          - Hook, Lion and Sinker
- Löwenjagd - Hilfe ein Löwe   - Lion Around
- Herrliche Aussichten
*       - Grand Canyonscope
- Der naschhafte Bär
*         - Beezy Bear
- n.n.                         - Bearly Asleep

* die ältesten mir bekannten deutschen (klassischen) Titel

Die Produktion der Illustrierten Film-Bühne wurde übrigens im Februar 1969 mit der Ausgabe Nr. 8069 eingestellt.


Der italienische Streifen Paperino Show (US-Arbeitstitel: Shorts Program N.15) weist als einziges internationales Release verdächtig viele Parallelen zum Sonntagsjäger auf. Hier allerdings scheint No Hunting dabei gewesen zu sein. Der Film wird in diversen Quellen zwischen 1967 und 1969 datiert; die Seite cinematografo.it, die ich für glaubwürdig erachte, spricht von 1967 und listet auch den Inhalt auf.

Die italienische Kino-Fassung:

- Paperino e l'Orso Ghiottone      - Donald Duck und der Vielfrassbär       - Beezy Bear
- Paperino e Cip Ciop Razziatori   - Donald Duck und die Räuber Chip & Chap - Winter Storage
- Paperino al Mare                 - Donald Duck am Meer                    - Bee at the Beach
- Paperino, Leone e Leoncino       - Donald, Löwe und Löwchen               - Hook, Lion and Sinker
- Paperino e Qui, Quo e Qua        - Donald und Tick, Trick & Track         - Lion around
- Paperino e le Formiche d'assalto - Donald Duck und die Sturmameisen       - Tea for Two Hundred
- Paperino Cacciatore              - Donald als Jäger                       - No Hunting
- Paperino e l'Orso Surgelato      - Donald Duck und der gefrorene Bär      - Bearly Asleep

(Die mittleren deutschen Titel sind freie Übersetzungen aus dem Italienischen.)

Als Hauptfeature lief der Dokumentarfilm Greta, the Misfit Greyhound, ein Featurette aus Walt Disney's Wonderful World of Color von 1963.

     

Interessant ist, dass sowohl beim deutschen Sonntagsjäger als auch der Paperino Show Werbe-Bildmaterial verwendet wurde, das so in den Original-Cartoons nicht vorkommt. Manchmal weichen die Farben ab, die Kombinationen der Figuren ist anders oder der Hintergrund passt nicht. Dennoch ist es von Disney selbst produziertes Cel-Material und keine Arbeit von Drittanbietern wie etwa bei älteren Kinoplakaten. Dies konnte ich vereinzelt auch bei späteren Kompilationen feststellen, wird dort aber nicht mehr explizit von mir erwähnt werden.


Film- und Synchronanalyse

Abzüglich der O-Ton Kandidaten Winter Storage, Tea for Two Hundred, Donald's Vacation, Bee at the Beach, Lion around und Hook, Lion and Sinker verbleiben für die Synchronanalyse lediglich jene fünf Cartoons, in denen Ranger Woodlore und/oder Bär Humphrey auftreten. Insgesamt gibt es sieben klassische Kurzfilme um das fidele Duo. Die hier fehlenden Streifen Grin and Bear it (1954) und In the Bag (1956) sind erst wesentlich später in Deutschland veröffentlicht worden und haben entsprechend neuere Synchronfassungen.

Speziell Ranger J. Audubon Woodlore hatte im Rahmen von Disneys Fernsehshows einige Cameos und kleineren Rollen. In den Sechzigern wurden um ihn innerhalb der Reihe Wonderful World of Color gleich mehrere Sendungen kreiiert: The Ranger's Guide To Nature (1966), The Ranger of Brownstone und Nature's Charter Tours (beide 1968), sowie Nature's Better Built Homes (1969). Hier wurden zu neu gezeichnetem Material gelegentlich auch einige der klassischen Cartoons um die beiden Figuren eingebunden. Haben diese Shows etwas mit dem Sonntagsjäger zu tun? Fangen wir ganz von vorne an:

Nach den deutschen Titelkarten folgen die beiden Cartoons Hooked Bear und Rugged Bear. Diese beiden Kandidaten wurden geschickt miteinander verknüpft, was nicht besonders schwer gewesen war, da der Schluss des ersten Cartoons quasi der Anfang des zweiten ist. Die klassische Synchro von Hooked Bear mit Erich Kestin als Woodlore war bereits 1964 in Lustige Micky-Maus-Revue zu sehen und ist auf der alten VHS Donald total verliebt zu finden. Rugged Bear dagegen hatte hier seinen ersten Kinoeinsatz. Neben der WA'81 wurde der Cartoon noch einmal 1984 in Donald Ducks Sommerzauber verwendet. In der Kinosynchro ist Heinz Petruo als Erzähler zu hören. Den Bären am Ende des Films spricht Rolf Marnitz. Diese Fassung ist auch auf der VHS Donald Superstar & Co enthalten.

  
Szenen aus Hooked Bear (links) und Rugged Bear (rechts)

Die nächste Zusammenflechtung fördert dagegen ein echtes Schmankerl zu Tage. Hook, Lion and Sinker und Lion Around ließen sich durch die Löwenthematik auch noch problemlos aneinander reihen. Für die Kombination mit Grand Canyonscope, in denen ja ebenfalls ein Berglöwe auftritt, wurde nun Material aus der Disneyland-Show Highway to Trouble von 1959 verwendet, wo u.a. eben diese beiden Cartoons durch neu gezeichnete Sequenzen miteinander verbunden wurden. Die folgenden Bilder wurden mir von Jim Hawkins zur Verfügung gestellt.

   

Nach der Lion Around Story verlassen Donald und seine Neffen Disneyland und fahren zum Grand Canyon, während ihnen der Löwe Louie immer noch auf den Fersen ist. Der darauf folgende Cartoon Grand Canyonscope schließt sich nahtlos an die Szenerie an. Zu hören ist auch hier wieder Erich Kestin als Ranger. Diese Fassung wurde später auch für die WA von Donald geht nach Wildwest verwendet und befindet sich auf den dazu gehörigen VHS-Ausgaben.

Die letzte Verknüpfung erfolgte zwischen Beezy Bear und Bearly Asleep, wo nun das generelle Problem bestand, dass in erstem Cartoon Donald die Rolle des Rangers übernimmt. Hier wurde eine kurze Szene als Überblendung verwendet, in der ein Schwarm Wildgänse über die Ranger Station fliegt und Woodlore sich um seine Tier kümmert. Diese Verbindungssequenz stammt aus einer der oben erwähnten TV-Sendungen um Ranger Woodlore, und zwar The Ranger of Brownstone (Staffel 14, Episode 23). Sie wurde in den USA am 17. März 1968 ausgestrahlt, drei Monate bevor der Sonntagsjäger in die deutschen Kinos kam. Als Der Ranger von Brownstone wurde diese Folge auch schon mehrfach im deutschen Fernsehen gezeigt.

  

Was mich nun am meisten beschäftigt, ist die Synchronisation dieser zwei verbundenen Cartoons. In Bearly Asleep ist als Erzähler erneut Heinz Petruo zu hören; in den Bärenstimmen meine ich auch erneut Rolf Marnitz rauszuhören; in der Zwischensequenz spricht wieder Erich Kestin. In Beezy Bear ist als Woodlore dagegen Erich Fiedler zu hören. Auch diese Synchro wurde für die WA von Donald geht nach Wildwest wieder verwendet. Ich habe hin und her überlegt, was der Grund für diesen Sprecherwechsel gewesen sein könnte. Die einfachste Variante wäre, dass diese Fassung bereits vorlag, ebenso wie die von Hooked Bear mit Kestin, und sich der Dialogregisseur für die Bearbeitung des neuen Materials für eine Stimme entscheiden musste - die Wahl fiel dann auf Kestin. Problem: Es gibt keinen einzigen Hinweis auf einen früheren Einsatz von Beezy Bear.

Es gäbe da noch ein paar andere Möglichkeiten, aber ohne stichhaltige Beweise verbanne ich diese Überlegungen selbst vorerst in die Sammelakte "Fiktive Märchen", die sich im Bezug auf dieses Thema schon reichlich gefüllt hat. Dazu gehört auch, dass der Cartoon No Hunting nur deshalb nicht im Sonntagsjäger-Film verwendet wurde, weil auch hier Erich Kestin zu hören ist und man ihn sozusagen in einer Doppelrolle nicht verwenden wollte ... alles pure, nicht haltbare Spekulation.

Wie schnell fiktive Blasen entstehen können, zeigt folgende Geschichte: Grand Canyonscope wurde in den USA neben seiner Cinemascope-Fassung auch in Breitbildformat erstellt. Natürlich konnte Ranger Woodlore dort seinen Anfangs-Gag "Spread out a little folks, this is Cinemascope!" nicht bringen. Bill Thompson musste also für das Breitbild einen anderen Satz einsprechen, der da lautete: "Spread out a little folks, this is a big canyon!". Da kam "Goofy"-Peter der Gedanke, dass es dann ja auch eventuell zwei DEUTSCHE Fassungen geben müsste ....
.... inzwischen ist diese Seifenblase geplatzt. Zum Film
20.000 Meilen unter dem Meer lief bei uns nicht, wie in den USA, Grand Canyonscope, sondern der Cinemascope-Cartoon Toot, Whistle, Plunk and Boom. Donalds Canyon-Abenteuer war bei uns stets nur in Breitbild-Fassung zu sehen. Kurioserweise wird auf Disney+ inzwischen die Cinemascope-Fassung MIT Schrader-Synchro gezeigt, was mal wieder aufzeigt, was technisch möglich ist, wenn man nur will.


"Bitte verteilt Euch, meine Lieben ----- dies ist CINEMASCOOOOPE !"