Mit Pauken und Trompeten

Deutscher Kinostart: Juli 1969 (MGM)
Laufzeit: 82 Minuten

Die Zusammenstellung des Films ist durch die Broschüre Neues Film-Programm belegt. Detaillierte Infos zur Rahmenhandlung lieferte "Jim Hawkins".

- Symphony Hour (1942)
- After you've gone (aus Make Mine Music, 1946)
- All the Cats join in (aus Make Mine Music, 1946)
- Music Land (1935)
- Blame it on the Samba (aus Melody Time, 1948)
- Peter and the Wolf (aus Make Mine Music, 1946)
- Little Hiawatha (1937)
- Little Toot (aus Melody Time, 1948)
- Pluto's Blue Note (1944)
- How to dance (1953)


Das Forschen nach einem Original, parallelen VÖs anderer Länder und sicheren Quellen

Nachdem Ludwig von Drake (dt.: Primus von Quack) bereits 1962 in A Symphosium on Popular Music sein unglaubliches Wissen *hust* über Musik zum Besten gab, bereicherte er die Allgemeinbildung des Zuschauers vier Jahre später aufs Neue. Als Episode von Walt Disney's Wonderful World of Color verdeutlichte Ludwig in Music for Everybody 1966 die Wichtigkeit von Musik im Leben aller Menschen. Zwischen seinen egomanischen Selbstdarstellungen wurden diverse klassische Filmausschnitte rund um das tonale Thema gezeigt. Die Show beinhaltete die Sequenzen Two Silhouettes, After you've gone, All the Cats join in und Willie the operatic Whale aus Make Mine Music, Blame it on the Samba aus Melody Time sowie die Episode Claire de Lune, so wie sie ursprünglich für Fantasia vorgesehen war. Unter dem Arbeitstitel Shorts Program 1969 kam diese TV-Episode im Juli '69 in die deutschen Kinos, allerdings so dermaßen umgestrickt, dass sie mit dem Original kaum noch etwas zu tun hatte. Auch Szenen aus A Symphosium... kamen hier zur Anwendung.

So wie bei Winnie Puuh, so war auch dieser Film primär dazu gedacht, den Charakter Ludwig von Drake in Deutschland bekannt zu machen, nachdem er in anderen Ländern bereits anderweitig vorgestellt wurde. Dementsprechend ist es wohl auszuschließen, dass diese Zusammenstellungen außerhalb Deutschlands gezeigt wurde.

Hier links zu sehen ist übrigens der Vor-Entwurf für das deutsche Kinoplakat. Die wohl etwas desinformierten Grafiker arbeiteten dieses Bild unter dem Wohlwollen des Studios aus, bis ein Verantwortlicher mit etwas mehr Ahnung noch rechtzeitig die Reißleine zog. Etwas über 20 Jahre später war "der Verantwortliche" wohl gerade zu Tisch, als der deutsche Videotitel zu Saludos Amigos: Drei Caballeros im Sambafieber abgesegnet wurde.


(Neues Film-Programm Nr.5427)

Die Rahmenhandlung


Wie schon gesagt wurden hier Szenen aus der Disneyland-Show Music for Everybody verwendet. Da die Zusammenstellung der Cartoons hier jedoch eine völlig andere gewesen ist, wurden auch die Zwischensequenzen aus ihrem ursprünglichen Content heraus gerissen und inhaltlich entsprechend synchronisiert. Original blieben nur die Verknüpfungen von After you've gone und All the Cats join in bestehen, die in dieser Reihenfolge auch in der TV-Show zu sehen gewesen waren, sowie die Einleitung zu Blame it on the Samba. Diese Schnipsel nun genau zu sezieren und mit dem Original zu vergleichen würde hier wirklich zu weit führen. Primär sei aber gesagt, dass die Sequenzen bis zum Samba-Film verwendet wurden, die restlichen Cartoons wurde ohne weitere Zwischenszenen gezeigt. Am Ende folgte das erwähnte Potpourri aus A Symphosium... . Oh, und natürlich wurden damals in All the Cats join in die Brüste der jungen Dame noch nicht retuschiert .



Das Segment
Blame it on the Samba möchte ich dabei einmal gesondert heraus greifen, weil die Idee an sich lustig ist und ich nun mal ein Faible für Disneys Latino-Zeug habe: Ludwig entdeckt Donald und José Carioca traurig und in blauem Teint auf einer Parkbank sitzen. Auf einem Banjo spielt er den Disney-Klassiker
Zip-A-Dee-Doo-Dah und treibt damit den beiden Trauerklößen wieder Farbe in die Knochen. Als er anschließend jedoch auf einer Fiedel Herz- und Ohren-zerreißend Baby Mine aus Dumbo intoniert, verfällt das Duo gleich wieder in den blauen Zustand zurück. Daraufhin beginnt die eigentliche Originalsequenz.

 


Deutsche Titelkarten

Neben dem Haupttitel hatten auch die meisten Einzelcartoons deutsche Titelkarten und zwar genau die, welche in der Original-TV-Show NICHT vorkamen. Mehr noch als in Donald geht nach Wildwest haben diese einen ganz individuellen Stil, der das Art Deco der 60er Jahre blendend einfängt. Hier kann man nun ganz sicher sein, dass diese explizit für den Film erstellt wurden. Music Land bekam kurioserweise den Kinotitel auch als Eigentitel verpasst. Little Hiawatha, der in der Kinoaufführung 1954 noch Hiawatha Junior hieß, wurde rigoros umbenannt und die deutsche Karte zu How to Dance macht überhaupt nur in dieser Kompilation Sinn. Bis auf Micky, der Meisterdirigent sehe ich diese Namen daher auch nicht als Referenztitel.


Die Einleitungen zu Peter und der Wolf war animiert und zwar in einer Form, wie sie sonst nirgendwo zu finden ist. Hier bleibt der Buchtitel in Schräglage, während die Schrift von russisch auf deutsch wechselt, was zweifellos einfacher für das Verdeutschen gewesen war. Im US-Original stellt sich das Buch in einer Drehung gerade, während die Schrift wechselt. Auch die spätere deutsche Einleitung wurde so bearbeitet. Die hier im Bild festgehaltene Einleitung nährt natürlich wieder meine Theorie, dass eine deutsche RKO-Aufführung von Make Mine Music zumindest in der Planung gewesen sein könnte.

Das Highlight ist jedoch die Einleitung zu Kleine Tuut, die wie im US-Original animiert wurde. Während der Pinsel die beiden T's zeichnet, liefert das kleine Schiff per Schornstein zwei rauchende U's. Auch diese Sequenz wurde nicht für einen "schnöden" Kompilationsfilm erstellt, sondern für das geplante deutsche Kino-Release von Melody Time. Seltsam, dass die spätere Verleih-VHS das US-Bild zum deutschen Ton beinhaltete.


Synchronanalyse

Was die Rahmenhandlung angeht, so war Ludwigs deutsche Stimme die von Martin Hirthe - m.M.n. nicht unbedingt die perfekte Stimme für den Erpel, aber wer hätte es sonst machen sollen? Erich Fiedler war bereits durch eine Cartoonrolle "vergeben", Erich Kestin just in dem Jahr verstorben und Hans Hessling oder Hugo Schrader .. na ja, ich weiß nicht so recht. Eine adäquate Stimme fiele mir da jetzt ehrlich gesagt aber auch nicht ein ....

Kommen wir zur Analyse der eingebetteten Cartoons und klammern wie gehabt vorher die O-Ton Kandidaten heraus, als da wären After you've gone, All the Cats join in, Music Land und Pluto's Blue Note (der an Kater Karlo erinnernde Ladenbesitzer verblieb mit seinem Gemurmel im Original). Blame it on the Samba wurde hier, wie vermutlich auch 1960 im Micky-Maus Festival, in der englischen Gesangs-Version gezeigt. Einen Sonderfall stellt dabei Little Hiawatha dar, der im Original einen Erzähler hat. Sowohl hier als auch als Einzelcartoon (im Beiprogramm zu Disneys Eine Prinzessin verliebt sich) kam KEIN Erzähler zum Einsatz. Eine Sprachfassung wurde erst Anfang der 90er in Andreas Hommelsheims Studio Blackbird Music erstellt; Sprecher: Lothar Blumhagen.

- Symphony Hour: Wurde wie schon in Lustige Micky-Maus-Revue in der deutschen Fassung mit Wüstenhagen, Duwner und Erich Fiedler als Sylvester Makkaroni gezeigt.

- Peter and the Wolf: Meine "Achilles-Ferse" unter allen Disney-Filmchen beinhaltet hier den bislang unbekannten Sprecher, der bis heute auf allen deutschen Medien zu hören ist. Inzwischen hat sich heraus gestellt, dass das Featurette bereits um 1965 als Beiprogramm zu einem Disney-Film lief ... ich weiß nur nicht, zu welchem.

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Little Toot: Hier wurde die deutsche Fassung aus
Melody Time mit Sängerin Rita Paul verwendet. Wie ich bereits im Vorfeld schrieb, wurden somit (bis auf Trees) alle Segmente aus besagtem Film in diversen Kompilationen unter gebracht.

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How to dance: .. ist somit der einzige Cartoon, der wahrscheinlich explizit für diese Kompilation synchronisiert werden musste; zumindest ist mir bislang kein früherer Einsatz bekannt. Und siehe da, als Erzähler ist auch hier Martin Hirthe zu hören. Allerdings spricht er in normaler Tonlage, d.h. es hört sich nicht so an, als ob hier Ludwig von Drake sprechen sollte ... wenn ihr versteht was ich meine. Goofy selbst ist natürlich wieder Gerd Duwner, als Goofys Frau tritt Ingeborg Wellmann auf. Goofys Schneiderin bzw. Nachbarin wurde noch nicht identifiziert.