Archivare sind auch nur Menschen!

Nach reichlicher Überlegung und vielen phantasievollen wie unsinnigen Mutmaßungen über das Thema "Wie geht das Disney-Studio mit seinem fremdsprachigen Archiv-Material um" bin ich nach neuesten Erkenntnissen zu dem Schluss gekommen : GAR NICHT. Während gutbezahlte Verantwortliche ein Kinorelease akribisch auf Kindertauglichkeit prüfen, scheint man bei der Auswertung für den Heimkinobedarf die Verantwortung eher auf irgendwelche minder bemittelten Angestellte abzuwälzen. Diese sind entweder uninformiert, der deutschen Sprache nicht mächtig oder einfach nur strunzdoof. Der Beispiele gäbe es so einige, die sich inzwischen zu einer kleinen Indizienkette zusammen gereiht haben. Das allerneueste Fundstück passt wie ein letztes noch fehlendes Puzzleteil in dieses Gesamtbild.

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Es war einst um 1981, da kam ein neuer Disney-Film mit Namen The Fox and the Hound in die Kinos. Eine junge Füchsin spielte im letzten Drittel des Streifens eine nicht unwichtige Rolle. Nun heißt ein weiblicher Fuchs im Englischen Vixen, woraus für diesen Charakter der süße Name Vixie kreiert wurde. Es konnte ja keiner ahnen, dass sich kurze Zeit später in Deutschland einige der oben erwähnten Verantwortlichen sämtliche Haare raufen würden. Mit weichem V ausgesprochen ergibt sich nämlich in unserer Sprache ein phonetisches Wixie, so wie es in der deutschen Rohsynchro auch gesprochen wurde. "Um Gottes Willen, wenn das die Kinder hören!!! Wie konnte so etwas ins Kino gelangen?" kreischte da der Key-Accout Manager zum Ersten Unterausschussvorsitzenden. (Wir lassen mal die Vermutung außer Acht, ob Sechsjährige wirklich schon so schmutzige Assoziationen an den Tag bringen könnten und spinnen die Story munter weiter.) "Dann also mit scharfem V, wie wäre das, Herr Vizepräsident?" - "Nein nein, dann steigt uns Rolf Kauka aufs Dach - Menschenskind, müssen es denn unbedingt Füchse sein? Nun trixen Sie doch mal etwas, Herr Kabinettsvertreter ...." So kam dann irgendwann der Name Trixie auf den Tisch, welcher zur großen Freude zwölfköpfig und einstimmig angenommen wurde. Einige Synchronsprecher wurden erneut ins Studio zitiert; bei anderen musste die Technik nachhelfen. So gab man Cap und Capper den letzten unschuldigen Schliff.

Knapp 20 Jahre später: Eine DVD-Veröffentlichung des Films steht ins Haus. Hannes, der Archivar, muss wieder einmal ins Lager runter und irgend einer von diesen völlig verstaubten Filmdosen hinterher kramen, fünf Minuten vor der Mittagspause. "Mann, als ob ich nichts Besseres zu tun hätte!" Mit der Laune eines angeschossenen Nashorns und einem ölverschmierten Lappen bewaffnet wischt er im Regalgang A-D einige Etiketten frei, bis er die erlösenden Worte "Cap und Capper - deutsche..." aufblitzen sieht. Mit gierigen Gedanken an die heutigen Kohlrouladen in der Kantine flitzt er zur Rohrpost und schickt die Filmdose auf Reisen. Da in der darauf folgenden Kollegenkette jeder dem anderen stets vertrauen konnte, wird das Fundstück ohne weitere Prüfung bis zum Zielort verbracht und landet schließlich in groß angelegter Massenproduktion in den Regalen der Elektronikhandelsketten, Supermärkte, diverser Billigdiscounter und nach einem energischen "Mama Mama haaaben" schließlich im Einkaufswagen. Tja, hätte Hannes noch ein bisschen weiter gewischt, hätte er es sehen können : Das kleine Wörtchen "...Rohfassung"!

Cap und Capper
Video-Fassung 1995
Cap und Capper
DVD-Fassung 2001

Hartgesottene Sammler, die noch beide Versionen ihr Eigen nennen, können nun auf die Suche nach noch verborgenen Unterschieden gehen .... oder bleibt diese Aufgabe wieder an mir kleben??? Frei nach dem Motto von Dschinnie : "Und raus bist Du". Oder war's ...

... UND TSCHÜSS (?)


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